Ausgehend von beobachteten Stärken der beiden Partnerstädte wird an exemplarischen Beispielen das Potenzial von generationen- und fachübergreifender Zusammenarbeit gezeigt. Ziel ist die Entwicklung eines Alleinstellungsmerkmals der Region.
Handwerk, Bau und Bildung
Der Sanierungsbedarf war und ist Potenzial für eine Stärkung der Bauhandwerke. Er lässt sich zur Förderung innovativer Sanierungstechniken nutzen. Der Leerstand bietet Raum für Forschung und Bildung. Entscheidend ist, dass die Region profitiert – durch sanierte Bausubstanz, von der Entwicklung und Vermarktung innovativer Techniken, von Bildung, Fort- und Ausbildung und damit langfristig sicheren Einkommensmöglichkeiten in diesem Bereich. Innovativer Lehmbau und neue Dämmstoffe wären eine Möglichkeit.
Gewinn für die Region
Die Prignitz erzeugt in einer beeindruckenden Menge Energie, etwa zwei bis drei, in Teilen sogar viermal so viel wie sie verbraucht. Am Gewinn ist sie jedoch nur verschwindend gering beteiligt. Eine Vision für die Region sollte den Rückfluss der Gewinne in die Region erhöhen. Auch kleine Schritte in diese Richtung trüge zur ökonomischen Unabhängigkeit von Strukturfördermitteln bei. Eine Machbarkeitsstudie könnte dies prüfen und die vielen kleinen Schritte „der Region für die Region“ die bereits gegangen werden bündeln, für eine ökonomisch, ökologisch und sozial stabilen Prignitz.
Natur und Schönheit
Dem Ziel einer produktiven Zusammenarbeit beider Städte, entspricht eine Beobachtung, die sich durch alle Interviews hindurchzieht. Die Menschen erleben die Region als ihre Heimat. Sie empfinden die Natur, die Ruhe und die Beschaulichkeit, als das, was so bleiben soll wie es ist. Das Verbindende zu stärken beinhaltet es bewusster und wahrnehmbarer zu machen, seinen Wert zu zeigen und seinen Erhalt bewusst zu pflegen. Zu den sehr kleinen, aber richtungweisenden Schritten gehörte das Markieren von Punkten für Findlinge, auf der Landzunge am Nedwighafen durch Kinder der Jahnschule in Wittenberge. Sie zeigten durch Ihre Aktion die Besonderheiten dieser Landschaft, machen diese damit auch für andere sichtbar.
Handlungsfeld – Handwerk und Innovation – Beispiel Hagen
Handwerk
Die Bedeutung des Handwerks für die Region ist vielfältig. Neben einer alten Tradition, begünstigte die Notwendigkeit sich in DDR-Zeiten selbst zu helfen, der große Sanierungsstau nach der Wende und die vielfältigen Fördermittel zur Instandsetzung der alten Bausubstanz, dass ein beeindruckendes Wissen im Handwerk erhalten ist. Das wird in einigen Bereichen, wie dem Lehmbau, deutlich. Bringt man dieses zusammen mit Innovationen aus dem Bereich der zeitgenössischen Architektur, könnte daraus ein international wahrnehmbarer Schwerpunkt werden, der Auszubildende, Studierende und Forschende aus der Region und aus den großen Nachbarstädten gleichermaßen anzieht.
Ein beeindruckendes Beispiel für den wirtschaftlichen Erfolg des Zusammenwirkens von Handwerk, Kunst und Architektur stammt aus Österreich: Vorarlberg, eine Mitte des vergangenen Jahrhunderts, nach dem Zusammenbruch der Textilindustrie, arme und abgelegene Gegend, hat mit innovativem Holzbau, verbunden mit Vordenkern aus Kunst und Architektur aus der Region, eine zeitgenössische Marke mit international bestem Ruf gemacht. Über die so genannte „Neue Vorarlberger Bauschule“ hat sich die Region international etabliert. Vorarlberg gilt als europäischer Hotspot zeitgenössischer Architektur. Das Bundesland zählt inzwischen zu den wirtschaftlich am besten dastehenden Regionen Österreichs.
Hagen
Der Hagen ist ein historischer Park. Für Kinder, Jugendliche und für alle weiteren Generationen von ParlebergerInnen ist er ein sehr anziehender Ort. Dennoch haben die unterschiedlichen Generationen Verbesserungsvorschläge. Die Beobachtung einer älteren Mitbürgerin auf dem Workshop am 10.10.15 fasst zusammen: „Früher war der Hagen ein Ort an dem wir uns als Jugendliche auf den Bänken die es gab trafen. Man traf sich dort aber auch sonst. Er wurde zum Bleichen der Wäsche genutzt.“ Der Park mitten im Zentrum Perlebergs hatte vielfältige Funktionen im sozialen Gefüge der Stadt. Es gab lange eine feste Bühne. Einige Bänke und einen kleinen Spielplatz gibt es heute noch.
Grundidee
Im Dialog des Prozesses wurden aus „Spielplatz“, „Labyrinth“, „Burg“, „Mauern in Sitzhöhe“, eine Raumgliederung von miteinander in Beziehung stehenden Elementen, die sich von allen Generationen zum Sitzen, zur Erhöhung der Aufenthaltsqualität und auch zum Spiel nutzen ließen.
Diese könnten in einer Weiterentwicklung der historischen Weller- und Stampflehmtechnik umgesetzt werden. Wellerbau ist eine in Europa historische, auch ohne Putz witterungsbeständige Lehmbautechnik. Er wurde im Osten Deutschlands bis vor etwa 150 Jahren genutzt und von Eike Roswag und Anna Heringer für preisgekrönte Bauten in Bangladesh weiterentwickelt.
Ziel der Umsetzung, die als Workshop organisiert wäre, ist ein Test hin zu einer langfristigen Hochschulkooperation mit der TU Berlin im Bereich innovativem nachhaltigen Bauen. In diesem Bereich wird verstärkt geforscht, um umweltverträgliche Dämm- und Baustoffe zu entwickeln.
Der Workshop wäre offen für SchülerInnen und Auszubildende der Region, für TeilnehmerInnen von Fortbildungen der Agentur für Arbeit, an Geschichte, Handwerk und Stadtentwicklung interessierten BürgerInnen sowie für Studierende des Bereichs nachhaltiges Bauen und Urban Design der TU Berlin. Junge Menschen der Region erleben in einer solchen Zusammenarbeit, dass junge Erwachsene der Metropolen aus gutem Grund nach Perleberg und Wittenberge kommen.
Der Architekt Eike Roswag, der für seine nachhaltigen Bauten weit über Deutschland hinaus bekannt ist, wäre bereit den Umsetzungsteil fachlich zu begleiten. 2015 wurde er mit dem Kairos-Preis der Alfred-Toepfer-Stiftung ausgezeichnet.
Hintergrund
Sowohl für die Berliner Hochschulen, als auch für die Region, steckt in einem solchen Schritt großes Potenzial. Vielen Studiengängen fehlen Kapazitäten für die Verbindungsteile zwischen Theorie und Praxis. Würde man Forschungsprojekte im Bereich des nachhaltigen Bauens an die Region binden, könnte dies zum Beginn eines tragfähigen Alleinstellungsmerkmals beitragen. Es macht ein Potential der Prignitz in Richtung handwerklicher und technischer Innovation deutlich.
Lehmbau
Lehmbau könnte sich zu einem wichtigen Bereich entwickeln. Das zeigen die neusten Bauten der Stararchitekten Herzog & de Meuron und Martin Rauch sowie das noch in der Planungsphase befindliche, beeindruckende Großprojekt Ozeanium in Basel. Im technischen Bereich liegen Materialien wie Leichtlehm mit im Fokus bei der Erprobung alternativer Dämmstoffe, die das BMBF als Ersatz für die kritisch eingestuften Dämmstoffe auf Styrolbasis sucht.
Weiterführungsmöglichkeit in einer dritten Wettbewerbsphase
In der dritten Wettbewerbsphase ließen sich an einem zentralen Ort in die Bereiche Bildung, Ausbildung, Fortbildung und Forschung im Bereich Bau investieren. Mit einem entsprechenden Nutzungskonzept könnte dieser Ort der Wittenberger Bahnhof oder eines seiner Nebengebäude sein. Das Bahnhofsgebäude eignet sich als Symbol der Zukunftsfähigkeit der Prignitz, mit ihrer besonderen Lage zwischen Hamburg und Berlin.
Handlungsfeld – generationenübergreifende Zusammenarbeit – Beispiel Spielplatz der Zukunft
Die Scholl-Schule in Perleberg hat einen guten Ruf. Sie liegt in einem Viertel, das in DDR-Zeiten als modernes, mehrstöckiges Neubauviertel mit Bad und Zentralheizung beliebt war und das heute mit Schwierigkeiten zu kämpfen hat.
Grundidee und IdeengeberInnen:
Die Aussage der Klasse 5b der Schollschule Perleberg – „Alle Spielplätze sind Schrott“ – bildete den Beginn. Es zeigte sich, dass nicht alle, aber der am nächsten zur Schule gelegene Spielplatz reparaturbedürftig ist. Dort liegt Glas herum, die Spielgeräte sind nicht in Ordnung – „Jugendliche würden immer alles kaputt machen.“. Auf Nachfrage zeigte sich, es sind nicht unbedingt Jugendliche, sondern eher Menschen ohne Erwerbsarbeit.
Die Kinder der Klasse entscheiden sich selbst etwas beizutragen. Sie entwerfen einen „Spielplatz der Zukunft“, für den sie auch einen Platz mit Bänken, Tisch und zwei sehr großen Mülleimern für die „Jugendlichen“ planen. Sie erfinden Spielgeräte, die auch RollstuhlfahrerInnen nutzen können und ein Symbol für Zusammenhalt: ein großes Boot.
In der Folge werden mögliche Synergien deutlich. In Perleberg leben viele Erwerbslose im Viertel um die Scholl-Schule herum. Die Agentur für Arbeit weiß, dass in den handwerklichen Berufen die Nachfrage nach Arbeitskräften groß ist. Hier in Fortbildungen zu investieren macht Sinn. Das gut ausgestattete Fortbildungszentrum CJD würde sich an gemeinnützigen Plänen, mit dem Angebot von Maßnahmen im Bereich Holz für interessierte Langzeitarbeitslose, beteiligen.
Hintergrund
Zum Bau eines von allen Generationen und AnwohnerInnen genutzten „Spielplatz der Zukunft“ sollten in den Schritten hin zu einer angepassten Planung AnwohnerInnen, Eltern und Großeltern eingebunden sein. Im Gegensatz zu Sanierungsmaßnahmen im Hochbau, wäre ein solches Projekt mit überschaubaren finanziellen Mitteln möglich.
Spielplatzbau dafür zu nutzen um den öffentlichen Raum innovativ und zugleich zurückhaltend zu gestalten, gibt es berühmte Vorbilder. Besonders deutlich wird dies an den Spielplätzen des niederländischen Architekturvisionärs Aldo van Eyck. Er entwarf über 700 Spielplätze im kriegsgeschädigten Amsterdam. Dabei leitete ihn die Auffassung, dass Kinder integrierte Mitglieder der Gesellschaft sind und ihre Bedürfnisse eine Bereicherung für die Stadtgestaltung darstellen. Seine Spielplätze wurden zu Orten des öffentlichen Lebens, an denen sich Jung und Alt vernetzte.
Weiterentwicklung und Perspektive für die 2. und 3. Wettbewerbsphase:
Soziale Hilfesysteme können über lange Zeiträume hin betrachtet zu Perpektivlosigkeit führen. Ein gemeinsames, bewältigbares und der Gemeinschaft dienendes Ziel macht die eigene. Es stärkt die eigene und die gemeinsame positive Identität.
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